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Alfred Gockel

In Amerika ist er ein Star

Alfred Gockel ist Künstler aus Leidenschaft. In Amerika ist er ein richtiger Star. „Die Amerikaner sehnen sich nach Kultur. Sie haben ja selbst keine“, erklärt Gockel. Vor allem die alten Meister aus Europa wie Dürer oder Picasso hätten es den Amerikanern angetan. Er selbst sei einer der wenigen Künstler, der in dieser Tradition und Technik arbeitet.



 

Salvator Dalí und Pablo Picasso sind seine Vorbilder. „Sie haben die Inszenierung in die Malerei gebracht, das liebe ich“, sagt Alfred Gockel. Inspirieren lässt er sich, niemals würde er kopieren. Das mag der Lüdinghauser Künstler gar nicht. „Ich honoriere das, was ich von Dalí und Picasso gelernt habe und setze es bei mir um“, erklärt der 67-Jährige.

 

Gockel trifft Dalí – könnte man bei dem ein oder anderen Werk sagen. Oder: Gockel trifft Picasso. Dalí hatte die Pferde für seine Malerei auserkoren, Picasso die Stiere. Als Zeichen von Macht und Stärke. Gockel mag den Fisch und verschmelzt ihn gerne mit dem Stier und dem Pferd. „Der Fisch ist das freieste Tier. Er kann um die ganze Welt schwimmen, ohne Grenzen.“

 

Über die Schulter geschaut

 

Zu unserem Gespräch besuche ich Alfred Gockel in seinem Haus in Lüdinghausen, das zugleich Atelier und Galerie ist. Eine ganz eigene Atmosphäre herrscht hier. Entspannt und zugleich voller Kreativität.

 

Ich darf live dabei sein, als Gockel eine Radierung anfertigt. Ein spezielles grafisches Druckverfahren, das heute nur noch selten praktiziert wird.

 

Dabei wird mit einer Radiernadel das Bild in eine Kupferplatte geritzt. Auf der Platte wird dann Farbe verteilt und diese mit einem Tuch in die Ritzen gerieben. Ganz akribisch wird der Rest der Farbe wieder abgewischt. „Ein Drucker würde auch eine gute Putzfrau abgeben“, erzählt Gockel mit einem Augenzwinkern. Das Papier macht er nass, damit es die Farbe gut aufnehmen kann und dann kommen Kupferplatte und Papier in die Druckerpresse, die der Künstler von Hand bedient.

 

Vor allem in den USA hat es Alfred Gockel zu großem Erfolg gebracht. „Ich war immer schon international unterwegs“, erklärt der Lüdinghauser Künstler. Seine beiden ersten Messen in den USA waren erfolglos, bei der dritten hatte er sich vergessen abzumelden. „Gott sei Dank“, sagt Gockel heute. „Denn da ging es plötzlich los.“ Er bekam einen Vertrag mit einer großen Galerie und hatte dann 1985 seinen endgültigen Durchbruch auf der Art Expo New York.

 

Mehr als 130 000 000 Kunstdrucke seiner Malerei hat Gockel über Galeristen und Kunsthändler in der ganzen Welt seither verkauft. „Ich bin heute noch überrascht, wo überall Bilder von mir hängen“, sagt Gockel. Erst kürzlich sei er in Alaska gewesen und wenig später in Barcelona. Dort zierten seine Bilder die Wände im Hotel. „Das ist schon toll.“ 

 

Dann kam ihm jedoch die Digitalisierung in die Quere. In China druckte man plötzlich Unmengen an Kunstdrucken. „Copyright spielte keine Rolle“, erinnert sich Gockel. Und so gingen viele Verlage im Rest der Welt pleite. „Die Industrie ist heute tot.“ Er selbst konzentrierte sich wieder auf seine Radierungen. Auf Originale. Auf Qualität statt Quantität.

 

Amerika sehnt sich nach Kultur

 

Warum er in den USA so gefragt ist? „Die Amerikaner sehnen sich nach Kultur. Sie haben ja selbst keine“, erklärt Gockel. Vor allem die alten Meister aus Europa wie Dürer oder Picasso hätten es den Amerikanern angetan. Er selbst sei einer der wenigen Künstler, der in dieser Tradition und Technik arbeitet.

 

Gockel bietet in Amerika regelrechte Kunstevents an. „Art-Entertainment“ nennt er es. Die durchschnittliche Verweildauer in einer Galerie liege bei 20 Minuten. „Würden Sie sich in dieser kurzen Zeit für den Kauf eines teuren Gemäldes entscheiden?“, fragt Gockel. „Nein. Also machen wir ein Wochenende draus.“ Er stellt die alten Meister vor und zeigt, wie die Radiertechnik funktioniert. „Das mögen die Leute dort.“ Er malt auch gerne live vor vielen Menschen – 25 000 waren es bei einem Jazz Festival.

 

Schüler für die Kunst begeistern

 

Alfred Gockel ist Künstler aus Leidenschaft und kennt sich hervorragend in der Kunstgeschichte der letzten 500 Jahre aus. „Das muss ein Künstler“, glaubt er. „Damit er weiß, in welcher Tradition er steht und arbeitet.“ Außerdem glaubt Gockel, dass ein Künstler eine Verpflichtung hat, weil er mit seiner Kunst viele Menschen erreichen kann. Eine Verpflichtung, auf Missstände hinzuweisen. Eine Verpflichtung, die Geschichte nicht aus zu den Augen zu verlieren. Und eine Verpflichtung, für die Kunst zu begeistern. Und das tut er. Im Rahmen eines Schulprojekts hatte er Lüdinghauser Schülern das Picassomuseum in Münster empfohlen. Dieses rief ein paar Tage später bei ihm an. „Herr Gockel, was haben Sie gemacht? Wir werden überrannt von Kindern mit ihren Eltern, die bei uns eine Führung möchten“, hieß es. „Da habe ich doch alles richtig gemacht, oder?“, fragt Gockel mit einem Schmunzeln.

 

„Radierung, Siebdruck, Acrylmalerei. Was mögen Sie am liebsten?“, frage ich den Lüdinghauser Künstler zum Abschluss. „Die Skulptur. Dreidimensional zu arbeiten – das ist die Königsdisziplin für jeden Künstler.“ Nadine Wenge

 

 

 

Alfred Gockel

 

-          Geboren 1952

 

-          Bereits mit acht Jahren veröffentlichte er sein erstes Bild in einem Schulbuch

 

-          Nach der Schule Ausbildung zum Elektriker im Bergbau

 

-          1973 Grafik- und Designstudium in Münster

 

-          Anschließend macht er sich selbstständig und arbeitet zwei Jahre als Dozent an der FH in Münster

 

-          1982 Gründung des Avant Art-Verlags

 

-          1985 Durchbruch auf der Art Expo New York

 

-          2006 zum offiziellen Künstler der olympischen Winterspiele für Amerika ausgewählt, Einladungen zu künstlerischen Werken für die US Open folgten

 

 

 

Der gelbe Engel

 

„Der gelbe Engel“ ist wohl das meist gesehene Kunstwerk der Nation, täglich fahren etwa 200 000 Menschen daran vorbei. Seit dem 8. September 2011 steht die von Alfred Gockel gestaltete 7,5 Meter hohe Skulptur am Kamener Kreuz. Kunst im öffentlichen Raum liegt Gockel besonders am Herzen.