"Die erste Traurede bleibt in Erinnerung"
Interview mit Standesbeamtin Sandra Suppa
Standesbeamtin Sandra Suppa vermählt seit fast zwanzig Jahren Brautleute in der Stadt Lüdinghausen. Im Interview erzählt sie, ob Trauungen für sie bereits zum Alltag geworden sind, welche Besonderheiten es in Lüdinghausen gibt und ob schon einmal jemand „Nein“ gesagt hat.
Frau Suppa, welche Möglichkeiten gibt es in Lüdinghausen, sich trauen zu lassen?
Wir haben wunderschöne Trauzimmer im Rathaus, in der Burg Lüdinghausen und auf dem Hof Dalhaus in der Bauerschaft Berenbrock. Zukünftig wird es auch die Möglichkeit geben, sich im Kapitelsaal der Burg Lüdinghausen mit bis zu hundert Gästen trauen zu lassen. Wir bieten also eine große Bandbreite an Möglichkeiten und die Brautleute können sich die Location aussuchen, die am besten zu ihren Wünschen passt.
Welches Trauzimmer ist besonders beliebt?
So genau kann man das gar nicht sagen. In den letzten Jahren ist die Burg etwas beliebter als das Rathaus. Auch der Hof Dalhaus ist gut gebucht. Jede Location bietet ihre eigenen Besonderheiten. Auf dem Hof Dalhaus findet beispielsweise nur eine Trauung am Tag statt. Die Gesellschaft kann hier viel Zeit verbringen. An der Burg Lüdinghausen versprüht das Ambiente einen speziellen Flair.
Haben Sie auch schon an anderen Orten Trauungen durchgeführt?
Ja. Ich habe ein Ehepaar im Antoniushaus Seniorenheim vermählt, weil es gerne seine bettlägerigen Eltern dabei haben wollte. Der Raum war toll dekoriert und es herrschte eine schöne Atmosphäre. Es war eine sehr stimmungsvolle Trauung. Ich habe auch schon Trauungen direkt im Krankenzimmer im St. Marien-Hospital vollzogen.
Gibt es Trauungen, die Sie in besonderer Erinnerung haben?
Das ist die erste, die ich gemacht habe. Ich glaube, an die erinnert sich jeder Standesbeamte besonders gut. Es war die Trauung meiner Cousine und ich war furchtbar nervös bei meiner Traurede. Bestimmt nervöser als alle anderen im Raum.
Ist es nicht schwierig, jedes Mal eine individuelle Traurede zu halten?
Nein. Die Brautleute geben uns einige schriftliche Informationen über sich oder wir führen ein Gespräch mit ihnen. Meistens kommen mir dabei direkt Ideen für die Traurede. Unseren ehrenamtlichen Standesbeamten wird übrigens nachgesagt, dass sie besonders persönliche Reden halten.
Die machen das also in ihrer Freizeit und arbeiten gar nicht im Rathaus?
Genau. Wir haben sechs ehrenamtliche Standesbeamtinnen und -beamten. Das ist für uns eine große Erleichterung und ermöglicht mehr Flexibiltät bei der Terminwahl. Wir sind unglaublich dankbar für dieses Engagement und bekommen tolles Feedback.
Was hat sich aus Ihrer Sicht beim Thema „Heiraten“ in den vergangenen Jahren geändert?
Früher hatten wir durchschnittlich 120 Eheschließungen im Jahr. Im letzten Jahr waren es 180. Das liegt daran, dass die Burg als Trauort ein Magnet ist. Außerdem finden heutzutage weniger kirchliche Trauungen statt und die Leute legen mehr Wert auf ihre standesamtliche Trauung.
Was ist den Paaren denn besonders wichtig?
Ganz viel Wert legen die meisten auf eine persönliche Traurede. Der Samstag ist als Termin besonders beliebt. Und viele Brautleute machen sich viele Gedanken darum, dass es ihren Gästen gut geht – eigentlich zu viele Gedanken.
Wie meinen Sie das?
Ich rate den Paaren, dass sie so heiraten sollen, wie es ihnen selbst wichtig ist. Niemand sollte ihnen in ihre Pläne hineinreden. Das ist ihr großer Tag und sie bestimmen, wie sie ihn gestalten wollen.
Wie viele Trauungen haben Sie bereits durchgeführt?
Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen. Vierstellig wird die Zahl wohl sein. Trotzdem bin ich manchmal noch aufgeregt.
Wirklich? Es ist also nicht zum Alltag für Sie geworden?
Eine Trauung ist niemals etwas Alltägliches. Egal, ob es 40 Gäste sind, oder nur zwei: Für jedes Brautpaar soll es der schönste Tag im Leben werden. Dieser Anspruch ist uns ganz wichtig.
Hat schon einmal jemand bei einer Ihrer Trauungen „Nein“ gesagt?
Nein, noch nie. Das hat sich noch niemand getraut (lacht). Tatsächlich hatte ich aber einmal ein Paar, das gar nicht zum Termin erschienen ist. Alle Gäste haben gewartet. Irgendwann hat die Trauzeugin verkündet, dass das Paar nicht mehr kommen wird. Zwei Wochen später kamen die beiden ins Rathaus und haben sich zu zweit von mir trauen lassen. An dem eigentlichen Termin sei einiges schief gelaufen und sie seien nicht in der Stimmung gewesen, zu heiraten. Sie wollten es aber unbedingt nachholen. Irgendwie fand ich das sehr beeindruckend. Das Wichtige ist doch, das es für das Paar ein schönes Erlebnis ist.
Das ist sicherlich eine Geschichte, über die Sie heute noch im Standesamt sprechen, oder?
Oh, da gibt es noch eine weitere, die ich viel skuriller finde. Das ist einer Kollegin von mir passiert: Ein Mann wollte sich nach den Möglichkeiten zur Eheschließung erkundigen. Als es um die Informationen zur Anmeldung ging, fragte sie nach seiner Verlobten. Da sagte er doch tatsächlich, er habe gar keine Verlobte. Seine Mutter habe ihm gesagt, er solle bei uns vorstellig werden. Er dachte, wir vermitteln ihm nun eine passende Frau. Meine Kollegin half ihm dann ein wenig auf die Sprünge, welche Möglichkeiten es gibt, jemanden kennenzulernen. Ob er sein Glück gefunden hat, weiß ich aber leider nicht.
Interview: Anja Kleykamp